Einstimmige Abweisung: AfD-Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert

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Ausschüsse spielen eine zentrale Rolle im Bundestag, denn sie sind das Herzstück der parlamentarischen Arbeit. Dort treffen sich Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker, um Gesetzesvorschläge zu beraten, Experten zu hören und Berichte zu erstellen. Die Ausschussvorsitze sind dabei wichtige Positionen, die nicht nur innerhalb des Bundestags von Bedeutung sind, sondern auch in der Öffentlichkeit als Aushängeschild einer Fraktion gelten. Für die AfD, die nach ihrem Einzug in den Bundestag 2017 erstmals Ausschussvorsitze übernehmen durfte, war dies ein großer Erfolg. Doch dieser war nicht von Dauer, wie sich in den darauffolgenden Jahren zeigte.

Im Januar 2018 erhielten die AfD-Politiker Peter Boehringer, Sebastian Münzenmaier und Stephan Brandner die Vorsitze in den Ausschüssen für Haushalt, Tourismus und Recht. Diese drei ersten Vorsitzenden waren jedoch auch die letzten. Nach der Wahl 2021 gelang es keinem weiteren AfD-Politiker, die notwendige Mehrheit für einen Ausschussvorsitz zu erlangen, obwohl der Partei rein rechnerisch aufgrund ihrer Fraktionsgröße ein Zugriffsrecht auf mehrere Vorsitze zugestanden hätte. Die anderen Parteien stimmten jedoch geschlossen gegen die AfD-Kandidaten.

Die AfD reagierte daraufhin mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Partei argumentierte, dass sie aufgrund der bisherigen Praxis Anspruch auf Ausschussvorsitze habe, und bemängelte zudem die Abwahl ihres Politikers Stephan Brandner aus dem Vorsitz des Rechtsausschusses. Im November 2019 hatte die Mehrheit des Ausschusses nach mehreren umstrittenen Vorfällen, darunter die Weiterverbreitung eines kritisierten Tweets von Brandner, für seine Abberufung gestimmt.

Das Urteil aus Karlsruhe: Kein Anspruch auf Ausschussvorsitze

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschied nun einstimmig gegen die AfD. Die Partei habe keinen verfassungsmäßigen Anspruch auf die Besetzung von Ausschussvorsitzen, urteilte der Zweite Senat unter Vorsitz der Richterin Doris König. Die Wahl der Vorsitzenden sowie die Abwahl Brandners bewegten sich im Rahmen der Geschäftsordnungsautonomie des Bundestags. Damit steht es dem Bundestag frei, in jeder Wahlperiode Ausschüsse neu zu benennen und zu besetzen.

Laut der Geschäftsordnung des Bundestags wird im Ältestenrat verhandelt, welche Fraktion welchem Ausschuss vorsitzt. Kommt es zu keiner Einigung, wird eine Zugriffsreihenfolge anhand der Fraktionsstärke berechnet. Diese Reihenfolge ermöglichte es der AfD in der aktuellen Legislaturperiode, Vorschläge für den Vorsitz im Innen-, Gesundheits- und Entwicklungsausschuss zu machen. Bei den anschließenden Wahlen im Dezember 2021 verfehlten jedoch alle drei Kandidaten der AfD deutlich die erforderliche Mehrheit. Ein zweiter Wahlgang endete mit dem gleichen Ergebnis. Seitdem werden die betroffenen Ausschüsse von den stellvertretenden Vorsitzenden geleitet.

Problematische Außendarstellung für Deutschland

Die Ablehnung der AfD-Kandidaten wurde von den anderen Parteien zum Teil mit der Außenwirkung Deutschlands im internationalen Kontext begründet. Christoph Hoffmann, stellvertretender Vorsitzender des Entwicklungsausschusses, erklärte, dass eine Besetzung dieses Postens mit einem AfD-Politiker „unseren Partnern im globalen Süden nur schwer erklärbar“ sei. Die Entwicklungszusammenarbeit sei eine Art Visitenkarte Deutschlands, und es wäre schädlich, wenn diese durch Politiker mit völkischen oder rassistischen Tendenzen vertreten würde.

Karlsruhes Bestätigung der Abwahl Brandners

Neben der Frage der unbesetzten Ausschussvorsitze musste das Bundesverfassungsgericht auch über die Abwahl Brandners entscheiden. Brandner war aufgrund kontroverser Äußerungen und seiner Verbreitung eines umstrittenen Tweets abgesetzt worden. Das Gericht entschied, dass diese Abwahl rechtens war und nicht willkürlich erfolgte. Die Mehrheit der Ausschussmitglieder habe nach einer Reihe von Vorfällen das Vertrauen in Brandners Amtsführung verloren, was seine Abberufung rechtfertigte.

Brandner selbst bezeichnete das Urteil als „schwarzen Tag für den Parlamentarismus“ und beklagte, dass die Rechte der Opposition durch die Entscheidung geschwächt würden. Er sprach von einem Pyrrhussieg der Mehrheit und warnte, dass sich Mehrheiten auch ändern könnten.

Reaktionen und Konsequenzen für die Geschäftsordnung

Auf Seiten der Regierungskoalition wurde das Urteil begrüßt. Johannes Fechner, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, kündigte an, dass man die Geschäftsordnung des Bundestags künftig präzisieren wolle. Künftig solle es klare Regeln geben, wie Ausschussvorsitzende und auch Schriftführer im Präsidium des Bundestags abgewählt werden könnten.

Für die AfD ist die Entscheidung aus Karlsruhe ein weiterer Rückschlag. Bereits im März 2022 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die AfD keinen uneingeschränkten Anspruch auf einen Sitz im Bundestagspräsidium habe. Seit ihrem Einzug in den Bundestag 2017 hatte die AfD trotz mehrerer Kandidaturen keinen Sitz im Präsidium erlangt, da die Kandidaten stets an den Mehrheiten der anderen Parteien scheiterten.

Mit der erneuten Abweisung ihrer Klage bleibt die AfD damit auch weiterhin ohne Ausschussvorsitz und Präsidiumsposten im Bundestag.